
Mit «Ausschweifen» geht für uns ein lang gehegter Traum in Erfüllung: «Die Aufführung von Georg Friedrich Haas’ ‹Nach-Ruf … ent-gleitend …› im Jahr 2013 war für uns als Ensemble ein Erweckungserlebnis. Die Begeisterung für die Welt der Mikrotonalität packte uns und führte uns zu immer neuen Erkundungen der feinsten Tonhöhen-Nuancen. Der Traum von einem uns auf den Leib geschriebenen Werk aus der Feder des Meisters begleitet uns seitdem.»
«Ausschweifen» ist ein abendfüllendes Stück für achtköpfiges Ensemble, das seinem Titel in jeder Hinsicht gerecht wird. Georg Friedrich Haas verfolgt darin eine musikalische Vision, die die üblichen Dimensionen einer konzertanten Uraufführung sprengt, die Aufführenden an ihre Grenzen bringt und dem Publikum eine existenzielle sinnliche Erfahrung eröffnet.
Die Komposition wird im Wesentlichen aus drei Materialien bestehen: aus spektralen Obertonharmonien, mikrotonalen Clustern und tonaler, spätromantischer Vierteltonmusik. Diese Elemente eröffnen gleichnishaft ein Spannungsfeld zwischen drei Polen der Menschheit: Während die mikrotonalen Cluster archaisch treibend und körperlich ekstatisch wirken, mag man in den spektralen Obertonharmonien ein Aufblitzen von Transzendenz, von Vollkommenheit im Imperfekten hören. Dazwischen steht eine wundersame, scheinbar aus der Geschichte gefallene, tonale Musik. Georg Friedrich Haas greift hierfür auf ein vierteltöniges Klavierstück von Richard Heinrich Stein (1882–1942) aus dem Jahr 1918 zurück. Dieses wird zum Ausgangspunkt für eine Erforschung von Intervallverwandtschaften, freien Leittonverhältnissen und das Spiel mit Klangfarben und Oktavlagen.
«Das Aufregende an dieser tonalen Vierteltonmusik ist, dass eine Gegenbewegung zwischen allen Intervallen möglich ist. Ich glaube, dass in diesem Stil noch sehr, sehr viel möglich ist und dass da ein aufregendes Feld liegt, in dem es noch sehr viel zu erarbeiten gibt. Ich freue mich wahnsinnig auf dieses Projekt. Es wird eine grosse Herausforderung sein, und ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit euch allen und danke für die Bereitschaft, sich auf meine Musik einzulassen.»
G. F. Haas an Ensemble Proton Bern